Nachdem es im Teil I über Panoramafotos vor allem um “automatische” Panoramen mit dem Smartphone ging, findest Du hier Tipps zur Aufnahme von Panoramen, die Du im Nachhinein aus einer Reihe von einzelnen Teilfotos zusammensetzt. Diese Methode hat einige Vorteile:
Mehr Kontrolle über die Belichtungseinstellungen
Die Möglichkeit, in RAW aufzunehmen - mit allen damit verbundenen Vorzügen
Mehrere Optionen für die Darstellung, bzw. Projektion des Panoramas (zylindrisch, sphärisch etc.)
Es gibt aber natürlich auch einige Nachteile:
Zeitaufwand. Du musst mehrere Einzelfotos schießen und später auf Deinem Computer importieren. Die Berechnung von großen Panoramen kann viele Minuten in Anspruch nehmen. Ein schneller Rechner ist vorteilhaft.
Du brauchst eine Stitching-Software. Ich benutze Adobe Lightroom, es gibt aber auch kostenlose Optionen. Der Image Composite Editor von Microsoft soll wirklich gut sein (nur Windows).
Du siehst erst nach dem Rechenvorgang am Computer, ob Dein Panorama etwas geworden ist. Und bis dahin gibt es einige Gelegenheiten Fehler zu machen die sich später nur schwer korrigieren lassen.
Wenn mir ein Panorama technisch misslungen ist, habe ich bei der Aufnahme mindestens einen von 3 möglichen Fehlern gemacht.
Ich habe vergessen, die Belichtung, den Fokus oder den Weißabgleich auf „manuell“ umzustellen. Wenn sich Einstellungen während der Einzelaufnahmen automatisch ändern, wird man das eventuell später im Panorama erkennen können.
Ich habe nicht genug Überlappung zwischen den Einzelbildern gelassen. Dadurch kann die Software entweder gar kein oder nur ein lückenhaftes Panorama berechnen. Ca. 30% Überlappung sind meiner Erfahrung nach ganz gut.
Ich habe freihändig aufgenommen und nicht gut genug auf Parallaxenfehler aufgepasst.
Was sind Parallaxenfehler genau und wie vermeidest Du sie?
Für ein kleines Experiment stehe ich in den Bremer Wallanlagen direkt vor einem Laternenmast, der einen wenige Meter dahinter stehenden Baum verdeckt.
Ich mache 2 Testreihen von jeweils 3 Fotos. Beim ersten Foto jeder Reihe befinden sich Laternenmast und Baum am rechten Bildrand, beim zweiten in der Bildmitte und beim dritten am linken Bildrand.
Bei der ersten Testreihe halte ich mein iPhone vor mir in den ausgestreckten Händen und drehe mich für jedes Foto ein Stück weiter nach rechts um meine eigene Achse.
Beim ersten und dritten Bild wird Dir auffallen, dass der Baum sich nicht direkt hinter dem Laternenmast befindet sondern einmal nach links und einmal nach rechts versetzt ist. Diese scheinbare Verschiebung von Objekten durch Veränderung des Beobachtungsstandpunkts nennt man Parallaxenfehler. Wenn Ich aus diesen Fotos ein Panorama erstelle, “verwirre” ich die Stitching-Software , weil sich der Baum relativ zum Laternenmast in jedem Bild an einer anderen Stelle befindet. Das Ergebnis ist surreal:
Unbeschnitteness kugelförmiges Panorama aus den drei Fotos der ersten Testreihe (erstellt mit Adobe Lightroom)
Bei der zweiten Testreihe drehe ich mich selbst nicht, und auch mein Arm bleibt in Richtung Laternenmast ausgestreckt. Ich versuche, nur das iPhone in meiner Hand um seine Hochachse zu drehen, so dass es sich möglichst nicht vom Fleck bewegt.
Der Bildausschnitt wird verschoben, aber es gibt kaum Verschiebungen von Objekten untereinander. Aus dieser Reihe kann Lightroom problemlos ein wirklichkeitsgetreues Panorama erstellen:
Unbeschnittenes kugelförmiges Panorama aus den drei Fotos der zweiten Testreihe
Es ist also wichtig, für die Teilaufnahmen Deines Panoramas den richtigen Drehpunkt zu wählen um Parallaxenfehler zu vermeiden. Da Smartphones so flach sind, ist der ideale Drehpunkt einfach zu bestimmen: Die Hochachse der eingebauten Kameralinse. Mit Kameras, deren Objektiv aus dem Gehäuse herausragt ist es leider nicht ganz so einfach. Dazu musst Du den Nodalpunkt bzw. die Eintrittspupille des Objektivs kennen. Die Algorithmen der Stitching-Programme sind aber gut genug, dass die Ausgangsfotos in der Praxis nicht perfekt sein müssen. Es reicht in den meisten Fällen aus, die Kamera nur ungefähr um den Nodalpunkt zu drehen. Er liegt irgendwo nahe der Mitte des Objektivs.
Mein Tipp: Teleobjektive benutzen!
Gegenüber anderen Objektiven haben Teleobjektive für Panoramen den Vorteil, dass sich mit ihnen viel schwieriger Parallaxenfehler erzeugen lassen. Und wenn Du mit Offenblende fotografierst, kannst Du Panoramen mit hoher Hintergrund-Unschärfe erstellen. Dieser Look wäre mit Weitwinkelobjektiven nicht möglich.